EU-Kommunalabwasserrichtlinie

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Die EU- Kommunalabwasserrichtlinie (KARL), auf europäischer Ebene offiziell bekannt als Urban Waste Water Treatment Directive (UWWTD), ist eine EU-Richtlinie mit dem Ziel, die Wasserqualität in der Europäischen Union zu verbessern. Die ursprüngliche Richtlinie stammt aus dem Jahr 1991 und wurde kürzlich überarbeitet. Die Überarbeitung sieht die Einführung einer „vierten Reinigungsstufe“ vor und fokussiert sich auf die Entfernung von Mikroverunreinigungen wie Arzneimittelrückständen und Bestandteilen von Kosmetika aus dem kommunalen Abwasser. Dabei geht es um Rückstände, die größtenteils durch private Haushalte und menschliche Ausscheidungen ins Abwasser gelangen. Dies erfordert den Einsatz fortschrittlicher Technologien wie Ozonung und Aktivkohlefiltration in Kläranlagen. Die Richtlinie sieht vor, dass Kläranlagen mit mehr als 150.000 Einwohnerwerten sowie kleinere Anlagen in definierten Risikogebieten diese Technologien implementieren.

 

Kernpunkte von KARL sind:
 

  • Erweiterte Abwasserbehandlung: Entfernung von Mikroverunreinigungen durch neue Technologien.
  • Monitoring & Messungen: Regelmäßige Überwachung und Berichterstattung über Schadstoffe im Abwasser und Klärschlamm.
  • Kostentragung (erweiterte Herstellerverantwortung): Hersteller von Humanarzneimitteln und Kosmetika sollen sich an den Kosten der vierten Reinigungsstufe beteiligen.

 

Der geplante Umsetzungsplan sieht eine stufenweise Kostenübernahme durch die Hersteller vor:

Für große Kläranlagen (ab 150.000 Einwohnerwerte):

  • 20% der Kosten bis Ende 2033: Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die Hersteller 20% der anfallenden Kosten für Investitionen und Betrieb der vierten Reinigungsstufe übernehmen.
  • 60% der Kosten bis Ende 2039: Der Anteil der Hersteller an den Kosten steigt auf 60%.
  • 100% der Kosten bis Ende 2045: Ab diesem Zeitpunkt sollen die Hersteller die gesamten Kosten der vierten Reinigungsstufe tragen.

Für Kläranlagen in definierten Risikogebieten (10.000-150.000 Einwohnerwerte):

  • 10% der Kosten bis Ende 2033: Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die Hersteller 10% der anfallenden Kosten für Investitionen und Betrieb der vierten Reinigungsstufe übernehmen.
  • 30% der Kosten bis Ende 2036: Der Anteil der Hersteller an den Kosten steigt auf 30%.
  • 60% der Kosten bis Ende 2039: Der Anteil der Hersteller an den Kosten steigt auf 60%.
  • 100% der Kosten bis Ende 2045: Ab diesem Zeitpunkt sollen die Hersteller die gesamten Kosten der vierten Reinigungsstufe tragen.

In Deutschland betrifft dies ca. 150 große Kläranlagen und schätzungsweise 450-600 Anlagen in Risikogebieten.

 

Entstehung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie:
 

  • 2019: Evaluierung von KARL durch die Europäische Kommission.
  • 2019-2022: Studien und Konsultationen mit Stakeholdern.
  • Oktober 2022: Vorschlag der Europäischen Kommission für KARL
  • 8. Oktober 2024: Bestätigung durch den Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI).
  • 23. Oktober 2024: Bestätigung durch den Ausschuss der ständigen Vertreter (COREPER).
  • 5. November 2024: Annahme durch den Rat der Europäischen Union.
  • 12. Dezember 2024: Veröffentlichung im EU-Amtsblatt
  • 1. Januar 2025: Inkrafttreten

 

Nächste Schritte:
 

  • Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht durch die Mitgliedstaaten.
  • Die Richtlinie muss bis zum 31. Juli 2027 in nationales Recht umgesetzt werden
  • Umsetzung der Erweiterten Herstellerverantwortung nach Artikel 9: Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass diese spätestens ab dem 1. Januar 2029 übernommen wird

Meldungen zur EU- Kommunalabwasserrichtlinie (KARL)

  • Pharma Deutschland Realitätscheck: Es fehlt eine verlässliche Kostenschätzung für den Klärwerksausbau in Deutschland

    20.08.2025Pharma Deutschland hat eine neue Analyse veröffentlicht, die erhebliche Zweifel an der Kostenprognose für den Ausbau der vierten Reinigungsstufe in deutschen Kläranlagen aufwirft. Die Untersuchung von 22 Klärwerksprojekten in Baden-Württemberg zeigt: Die tatsächlichen Baukosten liegen deutlich über den Schätzungen des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU).

  • Wie Abwasserverbände bei der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) mit zweierlei Maß messen

    18.07.2025Die Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) verpflichtet die Branchen Kosmetik und Pharma anhand erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) 80 Prozent der Aufbaukosten einer vierten Klärstufe zum Entfernen von Spurenstoffen zu tragen. Aktuell laufen vor dem europäischen Gericht 14 Klagen von Pharmaunternehmen gegen die erweiterte Herstellerverantwortung. Diese werden von Pharma Deutschland und anderen Verbänden als Streithelfer unterstützt. Abwasserverbände und Vertreter der Kommunalwirtschaft, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), wollen an der aktuellen Herstellerverantwortung und Richtlinie festhalten und haben ebenfalls angekündigt, die Europäische Kommission als Streithelfer unterstützen zu wollen. Das Beststehen auf ein „Weiter so“ offenbart dabei einen Doppelstandard im Umgang mit der erweiterten Herstellerverantwortung.

  • Kommunalabwasserrichtlinie: "Erst die Fakten klären, dann fair verteilen"

    07.07.2025Im ersten Teil des Interviews mit DEKOM kritisierte Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender von Pharma Deutschland, die geplante 80-prozentige Kostenbeteiligung der Pharma- und Kosmetikindustrie an der vierten Reinigungsstufe. Die Datengrundlage sei nicht belastbar, andere Verursacher würden ausgeblendet, und für die ohnehin unter Preisdruck stehende Generikabranche könnte dies das Aus für viele Medikamente bedeuten. Im zweiten Teil spricht er über konkrete Lösungsansätze, die Rolle der Kommunen und die kürzlich angekündigte Überprüfung der Richtlinie durch die EU-Kommission.

  • Kommunalabwasserrichtlinie: "Die 80-Prozent-Quote steht auf wackligem Fundament"

    24.06.2025Nach der neuen EU-Kommunalabwasserrichtlinie müssen Kläranlagen künftig um eine vierte Reinigungsstufe erweitert werden, die gezielt Mikroschadstoffe wie pharmazeutische Rückstände und Kosmetikrückstände aus dem Abwasser entfernt. Die Kosten dafür sollen zu 80 % von der Pharma- und Kosmetikindustrie getragen werden. Kommunale Spitzenverbände begrüßen dies ausdrücklich. Pharma- und Kosmetikverbände hingegen kritisieren die Regelung als einseitig, nicht verursachergerecht und warnen vor Versorgungsrisiken. Nach zunehmender Kritik – auch aus der Ärzteschaft - hat die EU-Kommission angekündigt, die Kosten- und Folgenabschätzung zur erweiterten Herstellerverantwortung nochmals zu prüfen. Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender Pharma Deutschland, im Interview mit DeKom (Deutscher Kommunal-Informationsdienst).

  • Pharma: Klage gegen die EU-Abwasserrichtlinie

    10.03.2025Pharma Deutschland und sieben seiner Mitgliedsunternehmen – Dermapharm, Fresenius-Kabi, hameln pharma, PUREN Pharma, Sandoz/Hexal, Teva und ZENTIVA – haben beim Gericht der Europäischen Union Klage gegen die europäische Kommunalabwasserrichtlinie (Urban Waste Water Treatment Directive, UWWTD) eingereicht. Der Verband plant, diese Klagen als Streithelfer zu unterstützen, um seinen Mitgliedern juristischen Beistand zu leisten.

  • Lieferengpässe durch Abwasserrichtlinie? Pharmaindustrie fordert gerechte Kostenverteilung von der EU-Kommission

    26.02.2025Die deutschen Pharmaverbände – der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Pharma Deutschland und Pro Generika – haben ihre Besorgnis über die einseitige finanzielle Belastung durch die europäische Kommunalabwasserrichtlinie (Urban Waste Water Treatment Directive, UWWTD) zum Ausdruck gebracht. Sie warnen vor möglichen Lieferengpässen bei Human-Arzneimitteln in Europa und fordern die Aufnahme der UWWTD in ein sogenanntes Omnibus-Verfahren zur Überarbeitung bestehender Rechtsakte.

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